Elektrisch fahren in Deutschland

Unsere diesjährige Deutschland-Reise sollte zugleich ein Test der Elektromobilität werden. Nicht wegen Klima und Weltrettung, sondern weil es eine spannende Technologie mit Potential ist.

Bei Sixt wurde dazu ein Tesla Model Y drei Monate vor Reiseantritt bestellt und das Handbuch studiert, dann jedoch einen BMW iX bekommen. Egal.

Der BMW iX xDrive 40 ist von den Abmessungen her wohl das Pendant zum X5, ein ziemlich geräumiger SUV und für ein Einstiegsmodell mit 326 PS auch angemessen motorisiert. Die Batterie hat eine Kapazität von 77 kWh.

Ohne jede Einweisung wurde eingestiegen und auf den ersten 150 Autobahn-Kilometern die Grundfunktionen ausprobiert. Was sofort Spaß machte, war der Antritt und der zugehörige synthetische Sound, der an eine hochlaufende Zentrifuge erinnerte. Was sofort bedenklich erschien, war die durchschnittliche Verbrauchsanzeige, die 25 kWh pro 100 km auswies, im Zusammenhang mit der bekannten Batteriekapazität von nur 77 kWh. Das ergab eine Reichweite von maximal 300 km. Und ich wusste noch nicht, wie und wo ich das Biest laden und womit bezahlen konnte.

Die Navigation zeigte auf Wunsch die in der Nähe bfindlichen Ladestationen und deren Ladeleistung. Ich konzentrierte mich auf solche mit mehr als 100 kW und steuerte eine erste dann am Kirchheimer Dreieck an, wo A4, A5 und A7 aufeinander treffen. Der Stecker passte, aber ich hatte keine Ladekarte. Anruf beim Tesla-Fahrer in der Familie, der sich den QR-Code der „Zapfsäule“ schicken ließ und aus der Ferne freischaltete. Funktionierte perfekt, und preiswert.

Die Suche auf der Sixt-Website ergab dann die Lösung. Eine Shell-Recharge-Karte wurde mit der eigenen Kreditkarte gekoppelt und an den Stationen unterschiedlicher Anbieter ohne Probleme genutzt.

Man kann sagen, dass es wider Erwarten ein sehr gut ausgebautes Netz gibt, mit unterschiedlichen Ladeleistungen und wir in 3 Wochen nur dreimal an einer nicht verfügbaren Säule landeten. In dieser Zeit wurden 3000 km abgespult, was häufiges Laden erforderte, lästig und nicht billig war.

Eine kWh kostete mit meiner Karte 0,79 Euro, im Vergleich zu 0,39 Euro, die Tesla-Fahrer in unserer Familie zahlen. Da man nie ganz leer ist und selten ganz voll auflädt, war ein „Tank voll“ um die 60 kWh, kostete 47 Euro und reichte nicht viel weiter, als 220 km.

Wer sein Tesla Model 3 oder Y über Nacht zu Hause lädt und überwiegend regional unterwegs ist, hat mit deren Verbrauch von nur 15 kWh pro 100 km eine komfortable Reichweite und wird nur bei Fernfahrten fremd laden müssen. Ein dicker Nachteil für den BMW SUV.

Von Vorteil ist die eindrucksvolle Beschleunigung des elektrischen Antriebsstrangs, was insbesondere auf kurvenreichen Landstraßen und idealerweise noch bergauf für extrem viel Fahrspaß bei mir sorgte und sicher für einige Frustration bei den überholten Fahrern.

Was noch? Der adaptive Fahrmodus kombiniert Geschwindigkeitsanpassung und Spurhaltung in nahezu perfekter Weise. Die eingestellte Geschwindigkeit wird bei Annäherung an langsameren Verkehr reduziert, ebenso vor Kurven. Letzteres in einer Weise, die meinem Stil entspricht, also eher am oberen Ende der komfortabel fahrbaren Kurvengeschwindigkeit.

Die Spurhaltung war nicht nur am Tag vorbildlich, auch in Autobahn-Engstellen, selbst beim Wechsel von weißen und gelben Markierungen, zuverlässig. Wenn es, selten genug, doch einmal haarig wurde, da wo kein anderer vorbeifuhr, gab das System durch einen dezenten Ton und gelbe Lenkradanzeige zu verstehen, dass für einen kurzen Moment Unterstützung gebraucht würde. Ideal auch bei Nachtfahrten auf Landstraßen mit viel Gegenverkehr, wo man entspannt dem Autopiloten vertrauen konnte.

Anzumerken ist, dass dies kein Privileg der Elektroautos ist.

Quintessenz:

Ist das E-Auto besser als ein Verbrenner? Das hängt vom Nutzungsprofil ab. Und die Perspektive, insbesondere bei Tesla, geht ja hin zum Full Self Driving, wo das Auto den ganzen Tag eigenständig unterwegs sein und Geld verdienen kann. Ganz sicher werden beide Kategorien noch ziemlich lange parallel auf unseren Straßen bewegt werden.

2 Antworten zu „Elektrisch fahren in Deutschland”.

  1. […] Ganz am Rande: Ich habe im Deutschland-Urlaub mal drei Wochen kang ein Elektroauto gefahren, den BMW iX. Meine Eindrücke finden Sie hier, […]

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  2. […] zurück vom jährlichen Deutschlandbesuch (hier) habe ich ein dickes Buch im Gepäck und ein weiteres auf meiner […]

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